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02.10.2019

"Druck aus dem Kessel nehmen"

Von links: Asiri Perera, Ven Madampagama Assaji Thero, Sally Laffir Madani. (Foto: Marion Unger)

Kurz vor den Präsidentschaftswahlen in Sri Lanka leiden die religiösen Gemeinschaften auf der Insel unter einem explosiven politischen Klima. Das wurde auf der internationalen Friedenskonferenz der VEM im September auf Sansibar deutlich. Ihren vorläufigen Höhepunkt fand die aufgeheizte Stimmung in einem Attentat radikal-islamischer Extremisten am Ostersonntag. In gezielten Selbstmordanschlägen auf zwei katholische und eine freikirchlich-evangelische Kirche während der Gottesdienste sowie auf drei Hotels kamen 253 Menschen ums Leben, 485 weitere wurden verletzt.

Vergebung ist keine Einbahnstraße

In seinem temperamentvoll vorgetragenen Beitrag zur Friedenskonferenz hielt Asiri Perera, Präsident der Methodistischen Kirche Sri Lankas, einen Wasserhahn in die Höhe. „Öffnet den Hahn“, rief er und meinte damit wohl: „Nehmt Druck aus dem Kessel“. Den gemäßigten Kräften fällt es nicht leicht, die Hitzköpfe, die nach Rache schreien, zu beruhigen. Asiri Perera und seine Kirche tun, was sie können und wissen sich unterstützt von namhaften Leitfiguren der muslimischen und buddhistischen Gemeinschaft. Immer wieder wirbt Perera zusammen mit Sally Laffir Madani, Leiter einer Madarassa-Schule zur Ausbildung islamischer Theologen, und Ven Madampagama Assaji Thero, dem Oberhaupt einer namhaften Gemeinschaft buddhistischer Mönche, eindringlich für den Frieden unter den Religionen. Ihre Aufrufe blieben nicht wirkungslos. Asiri Perera machte nach den Ostersonntag-Anschlägen den Anfang und appellierte an die christlichen Gemeinden, Ruhe zu bewahren und nicht auf Rache zu sinnen. „Wir wollen nicht, dass unschuldige Muslime sterben“, betonte er. Daraufhin erlebte die christliche Gemeinschaft, dass Vergebung keine Einbahnstraße ist. Buddhistische Geistliche schlossen sich an. Vor der versammelten internationalen Presse bat schließlich ein Oberhaupt der muslimischen Gemeinschaft um Verzeihung. „Wir bitten um Vergebung, weil die Christen ihrerseits uns vergeben haben“, hieß es im Wortlaut. „Das war eine starke und ermutigende Botschaft“, resümiert Perera. Dennoch setzte sich die Serie der Übergriffe – auch vonseiten buddhistischer Extremisten - auf Christen und Muslime sowie deren Gemeinden fort. Sally Laffir Madani berichtete auf der Friedenskonferenz von Angriffen buddhistischer Mobs auf Kirchen, von Attacken auf Muslime, auf Hassreden in den Medien und von der Untätigkeit staatlicher Behörden. „Wir müssen unterscheiden zwischen Frömmigkeit und Radikalismus“, erläuterte er. „Darum gilt es, die Wurzeln, Gründe, Indikatoren, die Mittel und die Handelnden radikaler Bewegungen identifizieren und analysieren.“ Daraus können seiner Meinung nach praktische Wege zu einer Entradikalisierung entwickelt und dem Extremismus vorgebeugt werden. Ziel eines langfristigen und nachhaltigen Aktionsplans, der noch zu entwickeln sei, könne zum Beispiel ein interreligiöses Seminar oder gar eine Universität sein.

Fakenews fördern Feindseligkeiten bei Anhängern der Mehrheitsreligion

Strategien für gemeinschaftliche Aktionen zu entwickeln steht auf der Agenda der drei Repräsentanten der Religionsgemeinschaften in Sri Lanka. Dabei setzen sie auf Gespräche und persönliche Begegnungen, um sich gegenseitig kennen und den jeweils anderen verstehen zu lernen. Ven Madampagama Assaji Thero betont dabei „die Kraft der religiösen Tugenden“. Er knüpft an die erste interreligiöse Konferenz für Frieden und inklusive Gemeinschaften der VEM 2017 in Wuppertal an. Damals habe er nur eine von 31 Denominationen buddhistischer Mönche vertreten können, heute sei er Senior von 22 Gruppierungen mit 21 000 Mönchen. „Das ist ein großer Fortschritt und beispielhaft für die buddhistische Gemeinschaft“, betont Thero. Er bedauert, dass die zahlenmäßig wenigen Extremisten unter den Buddhisten die größte Aufmerksamkeit erlangen. Befragt nach den Gründen für die wachsende Feindseligkeit der Angehörigen der Mehrheitsreligion benennt er deren durch gezielte Falschinformationen geförderte Befürchtung, Sri Lanka solle zu einem christlichen beziehungsweise muslimischen Land gemacht werden. „Viele fürchten auch, wirtschaftlich den Anschluss zu verlieren“, fügt er hinzu. Die größte Sorge von Asiri Perera dagegen ist die Rolle des Staates. „Vor den Ostersonntag-Anschlägen haben wir präzise und glaubwürdige Hinweise auf Ort und Zeit der Attentate an die Sicherheitsbehörden weitergegeben, aber sie sind alle nicht beachtet worden“, berichtet er. „Die Sicherheitskräfte stehen nicht zu ihrer Verantwortung“, meint er und fragt: „Warum sind unsere Warnungen ignoriert worden? Auf diese Frage wollen wir eine Antwort.“ Darum will Perera auch in Zukunft viel Energie darauf richten, Einfluss auf den Staat, die Medien, Abgeordnete und Geschäftsleute im Sinne einer Stärkung der Religionsfreiheit in Sri Lanka zu nehmen. Weiterhin möchte er eine Stimme sein, die für eine interreligiöse Gesellschaft verschiedener Ethnien eintritt. Er betont: „Den Extremismus zu bekämpfen ist eine riesige Aufgabe, aber der Frieden unter den Religionen bleibt mein Traum.“ Marion Unger

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