21.08.2025
VEM-Generalsekretär Pfarrer Dr. Andar Parlindungan (2.v.l.) bei seinem Antrittsbesuch in der EKKW mit Bischöfin Dr. Hofmann (2.v.r.), Pfarrerin Marie-Anne Halim, Leiterin der Abteilung Deutschland der VEM (l.) und Dr. Diethelm Meißner, Dezernent für Diakonie und Ökumene der EKKW (r.). © Foto: medio.tv/schauderna
Die Bischöfin der EKKW über Frauen in Führungspositionen
von Dr. Beate Hofmann
Zu Beginn meiner Tätigkeit als Professorin für Diakoniewissenschaft und Diakoniemanagement in Bethel hatte ich eine Art Kulturschock: Nach zehn Jahren Arbeit in einer evangelischen Hochschule mit ausgeglichenem Geschlechteranteil bei den Professor*innen und überwiegend weiblichen Studierenden in der Religionspädagogik begegneten mir in meinem neuen Arbeitsumfeld vorwiegend Männer: als Kollegen, als Unternehmensvorstände, als Studierende. Frauen in obersten Leitungspositionen in diakonischen Unternehmen waren 2013 Mangelware und sind es bis heute.
Warum ist das so? Das wollte ich wissen und entwickelte ein Forschungsprojekt zu dieser Frage. Gleichzeitig führte das Diakonische Werk Württemberg erstmals ein Mentoring-Programm für Frauen durch, das sie auf ihrem Weg in Führungspositionen begleiten sollte: Debora hieß es. Ich durfte es wissenschaftlich evaluieren und habe dabei viel gelernt: über kulturelle und psychologische Barrieren, über fehlende Seilschaften und den Karriereknick durch die Familienphase. Die größten Hindernisse sind die Unvereinbarkeit von Sorgeverantwortung und Führungspositionen z.B. durch Dauerpräsenzansprüche oder die Unteilbarkeit von Führungspositionen. Aber oft trauen sich die Frauen den Karrieresprung nicht zu oder zögern angesichts der zeitlichen Belastung, weil sie beispielsweise in Sorgearbeit eingebunden sind.
Im Vorfeld meiner Kandidatur für das Bischofsamt der EKKW* habe ich mich dann selbst gefragt: Habe ich den Mut, die bequeme Nische an der Universität zu verlassen und in die erste Reihe zu springen, mit all den Herausforderungen und Risiken, die zu so einem Amt gehören? Und oft habe ich in dieser Zeit an die Frauen im Debora-Programm gedacht und mir vorgenommen, mich nicht einschüchtern zu lassen.
Am Anfang meiner Amtszeit waren viele neugierig: Eine Frau in diesem Amt, kann die das überhaupt? Was macht die anders? Kaum sechs Monate nach Beginn meiner Amtszeit begann die Coronapandemie. In der radikalen Disruption dieser Situation war Mut zu klaren Entscheidungen und gemeinsames Suchen nach Lösungen im Krisenstab gefordert; Geschlecht und traditionelle Rollenerwartungen waren plötzlich unwichtig. Einerseits. Andererseits habe ich entsetzt beobachtet, wie gerade durch die Pandemie traditionelle Rollenerwartungen verstärkt wurden und Frauen oft in dem bekannten Dilemma zwischen Sorgeverantwortung und Führungsposition hingen.
Durch die politischen Entwicklungen der letzten Jahre verstärkt sich meine Sorge. Je autokratischer und rechtspopulistischer Parteien und Regierungen orientiert sind, desto traditioneller werden die Rollenbilder, desto aggressiver wird die Polemik gegen Frauen in Leitungsämtern – weltweit.
Es bleibt viel zu tun – für Frauen und Männer. Was ist mir dabei besonders wichtig?
Als Aufsichtsratsvorsitzende des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung möchte ich strukturelle Impulse setzen, um das Zusammenwachsen von nationaler und internationaler Diakonie und von Kirche und Diakonie zu stärken und die Überwindung kolonialer und patriarchaler Denkmuster voranzutreiben. Die strenge Einhaltung des Gremienbesetzungsgesetzes mit dem Ziel paritätischer Gremienbesetzung und die Nutzung beteiligungsfördernder Sitzungsformate helfen dabei.
Ein besonderes Anliegen ist mir die Entwicklung von Sorgenetzen, in denen wir die verschiedenen Akteure zusammenbringen, die z.B. pflegebedürftige Menschen versorgen: Familie, Nachbarn, Freunde, Ehrenamtliche, Profis und technische Systeme müssen in einen Mix gebracht werden, um Unterstützung und Pflege alter oder kranker Menschen in Zukunft zu sichern.
Als Bischöfin habe ich erlebt, dass ich Frauen Vorbild sein und sie ermutigen kann. Bei einer Konsultation für Frauen aus den Partnerkirchen der EKKW haben wir intensiv über Gewalt gegen Frauen und Förderung von Frauen in Leitungspositionen nachgedacht. In unserer indischen Partnerkirche schien das bei den beteiligten Frauen auf wenig Verständnis zu stoßen. Welch ein Irrtum! Als ich vier Monate später in Indien zu Besuch war, wurde mir stolz die Umsetzung unserer Forderungen in der indischen Frauenarbeit vorgestellt. Es gab plötzlich Quoten für Frauen in kirchlichen Gremien. Ihre neue Rolle in der erste Reihe wurde im doppelten Sinne sichtbar: Bei allen offiziellen Bildern standen plötzlich auch Frauen mit vorn.
*Zur Person:
Dr. Beate Hofmann ist 2019 zur ersten Bischöfin in der Geschichte der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) gewählt worden. Zuvor lehrte sie Diakoniewissenschaft und -Management in Bethel. Schwerpunkte ihrer Forschung waren Diakonische Unternehmenskultur, Kirchenentwicklung sowie Frauen in Führung. 2012 habilitierte sie sich in Neuendettelsau zum Thema »Der Beitrag von Glaubenskursen zur religiösen Bildung und Sprachfähigkeit Erwachsener«.
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