14.07.2017
Vom 14. bis 16. Juli beschäftigen sich 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter zahlreiche Repräsentanten verschiedener Religionen aus afrikanischen und asiatischen Ländern sowie aus Deutschland, unter der Überschrift „Friede unter den Menschen – interreligiöses Engagement für Frieden und inklusive Gesellschaften“ mit Konzepten, Impulsen und Best-Practice-Modellen zur Förderung friedlicher und inklusiver Gemeinschaften. Im Vorfeld der Konferenz besuchten die internationalen Teilnehmenden eine Synagoge in Unna-Massen sowie eine Kirche und eine Moschee in Duisburg-Marxloh. Für die Veranstalter, d.h. die Evangelische Kirche im Rheinland, Evangelische Kirche von Westfalen, Justitia et Pax und die Vereinte Evangelische Mission (VEM), erläuterte Jochen Motte (VEM) die wesentlichen Zielsetzungen der Tagung: „Extremismus beherrscht die Medien. Von gelungener Kooperation in unterschiedlichen Kulturen wird nicht geredet. Um das zu ändern, treffen wir uns hier, um diejenigen Akteure zu stärken, die gegen Extremismus und Gewalt in unterschiedlichen Kulturen und Religionsgemeinschaften gemeinsam eintreten. Wir wollen voneinander lernen, uns miteinander vernetzen und gemeinsam für Frieden eintreten.“ Den Eröffnungsvortrag hielt Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, Inhaber des Lehrstuhls für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Von Juni 2010 bis Oktober 2016 war Bielefeldt Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit des
UN-Menschenrechtsrats. „Gewalt gehört nicht zum Wesen von Religion, aber die Glaubensgemeinschaften müssen sich dem Problem der Gewalt aus den eigenen Reihen heraus stellen,“ so lautete die Botschaft seiner Ausführungen über religiösen Extremismus als globale Herausforderung für Glaubensgemeinschaften. „Es ist der Mensch, der Gewalt im Namen von Religion ausübt und die Religion missbraucht. Deshalb müssen wir Gewalt und Religion voneinander entkoppeln,“ so der Theologe und Philosoph. Mit Blick auf die aktuellen religiös motivierten Konflikte in der Welt meinte Bielefeldt, dass Gewalt und Religion kein Naturgesetz seien, sondern künstlich miteinander verquickt werden.“ Gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen wie hohe Jugendarbeitslosigkeit, niedriger Bildungsstand und vor allem Korruption begünstigten seiner Aussage nach die unheilige Allianz von Gewalt und Religion. Um religiösem Extremismus zu begegnen, gab Bielefeldt den Glaubensgemeinschaften drei Empfehlungen mit auf den Weg:
- Ein klares Bekenntnis gegen Gewalt. Die einfache Message muss lauten: „Nein zu Gewalt!“
- Die Auseinandersetzung mit der eigenen komplexen Historie. Dies umfasst beispielsweise auch die Beschäftigung mit den eigenen Schriften und darin vor allem mit mehrdeutigen und gewaltverherrlichenden Textstellen, aber auch die Aufarbeitung der eigenen historischen Traumata.
- Die Zusammenarbeit und Kommunikation mit anderen Glaubensgemeinschaften über Geschlechter- und Generationsgrenzen hinweg im Sinne einer gegenseitigen Anerkennung und Wertschätzung.
Die anwesenden Scheich Adinani Ntinabo aus Tansania und Mönch Ven Assaji Thero aus Sri Lanka unterstützten die oben Aussagen und gaben praktische Ratschläge zum Gelingen des interreligiösen Dialogs aus ihren jeweiligen kulturell-religiösen Kontexten. In der anschließenden Pressekonferenz schilderte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, dass die Partner in Afrika und Asien vermehrt über religiös bedingte Auseinandersetzungen, aber auch von ihrem starken Engagement für ein friedliches Zusammenleben der Religionen berichten. Sie wünschte sich von der Tagung, dass das friedensstärkende Potenzial von Religion erkannt und genutzt wird, ohne das selbstkritische Potenzial zu vernachlässigen. Denn überall dort, wo Menschen sich an die Stelle Gottes stellen, ist das Gewaltpotenzial hoch, so die Präses. Darüber hinaus ist es die Aufgabe von Kirche, die politischen und gesellschaftlichen Akteure an ihre Verantwortung für Frieden zu erinnern. Präses Manfred Rekowski von der Evangelischen Kirche im Rheinland schloss sich den Ausführungen seiner Amtskollegin an und ergänzte, dass Religion ins Gerede gekommen sei. Er riet durch Begegnungen zu lernen. Zudem empfahl er, die Gefährdung durch die eigene Religion mit einem selbstkritischen Blick nicht aus den Augen zu verlieren. Scheich Fadhil Suleiman Soraga aus Sansibar, Tansania, schilderte, dass er vor einigen Jahren selbst Opfer von religiöser Gewalt geworden sei. Extremistische Glaubensbrüder hatten den muslimischen Würdenträger mit Säure angegriffen, um ihn wegen seines interreligiösen Engagements zu bestrafen. Die Spuren des Säureattentats sind noch heute im Gesicht des Scheichs deutlich erkennbar. 25 Teilnehmende aus 12 Ländern nehmen im Anschluss an diese Tagung für zwei Wochen im Rahmen einer Summer School an einem Training für friedliche Konfliktlösung, Mediation und Menschenrechtsschutz in Wuppertal teil. Martina Pauly