12.07.2024
v.l.n.r.: Pfarrerin Julie Kandema, Pfarrerin Dr. Oinike Harefa und Thea Hummel, im Gespräch nach den Vorträgen (oben) und mit Mitarbeitenden der VEM (unten).
Fotos: Naomi Simanjuntak, VEM
„Es gibt da draußen Frauen, die sind Rebellinnen!“ Pfarrerin Julie Kandema kann sich für Feminismus begeistern. Anfang Juli reisten drei Referentinnen für die jährlichen Missionsvorträge „Mission Lectures“ der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) durch die VEM-Region Deutschland. Der Titel des Vortrags lautete "Breaking Barriers: Die Rolle von Frauen im Prozess der Dekolonisation". Die drei Referentinnen kommen aus allen drei Regionen der VEM, aus Asien, Afrika und Deutschland. Nach Münster, Hermannsburg und Mettmann besuchten sie für ihren Abschlussvortrag das Missionshaus der VEM in Wuppertal. Dort wurden sie von etwa 40 Teilnehmenden begrüßt.
Pfarrerin Julie Kandema ist Vizepräsidentin der VEM-Mitgliedskirche EPR*. Sie ist gemeinsam mit dem Kirchenpräsidenten für die Vertretung und Leitung ihrer Kirche verantwortlich und trägt besondere Verantwortung für das Wachstum und das Leben der Kirche. Historisch gesehen ist die EPR die erste evangelische Kirche in Ruanda.
In ihrem Vortrag sprach sie über Frauen als Heldinnen, die für das, was sie tun, nicht gesehen werden. Dies sei den Heldinnen widerfahren, die während des Völkermords in Ruanda 1994 Menschenleben retteten, und es geschehe noch heute vielen Frauen in Ruanda und weltweit. Dennoch leisteten diese Frauen einen enormen Beitrag für ihre Gemeinden, indem sie beispielsweise Menschen am Rande der Gesellschaft bei einem Krankenhausaufenthalt unterstützten.
Pfarrerin Dr. Oinike Harefa ist Dozentin in der VEM-Mitgliedskirche BNKP*. Sie leitet das theologische Programm an der Theologischen Hochschule BNKP Sunderman in Gunungsitoli, Indonesien, und unterrichtet Missionswissenschaft, kontextuelle Theologie und andere Fächer. Ihre Kirche beschäftigt 700 Pfarrpersonen, die meisten davon sind Frauen. Aber: „Auf der Führungsebene müssen wir dieses Verhältnis erst noch abbilden”, sagt sie.
Harefa hielt einen Vortrag über den Paradigmenwechsel in der Rolle der Frau in der Missions- und Kirchengeschichte. Ihr Schwerpunkt lag auf der postkolonialen Ära und auf ihrer Heimatinsel Nias, wo sie verschiedene Beispiele für einflussreiche und wegweisende Frauen in der Missionsarbeit fand. Die Frauen, auf die sie verwies, stammten aus Deutschland und Indonesien. Und während sie alle auf die eine oder andere Weise die Kirche und ihre Struktur prägten, lernten sie auch von den Menschen, mit denen sie zusammenarbeiteten.
Thea Hummel ist Diversity and Inclusion Coordinator der VEM in Wuppertal, Deutschland. In dieser Position unterstützt sie die Mitgliedskirchen der VEM bei der Förderung von Vielfalt. In ihrem Vortrag gab sie einen Überblick über die postkoloniale Ära in Deutschland, die 1918 mit dem Versailler Vertrag begann, der die deutsche Kolonialherrschaft beendete. Seit dieser Zeit hat die deutsche Gesellschaft viele Frauenrechte offiziell anerkannt, wie das Wahlrecht im Jahr 1918 oder das Recht, ohne die Erlaubnis des Ehemanns ein Bankkonto zu eröffnen, im Jahr 1958.
Für sie ist es wichtig, sich daran zu erinnern: „Wenn wir unsere Vergangenheit vergessen, können wir leicht arrogant werden, insbesondere in ökumenischen Beziehungen.“ Denn Frauen sind bis heute keine gleichberechtigten Mitglieder der deutschen Gesellschaft: Sie verdienen im Durchschnitt 18 % weniger als Männer, haben weniger Chancen, Führungspositionen zu erlangen, aber mehr Chancen, sie zu bekommen, wenn solche Positionen aus dem einen oder anderen Grund riskant sind. All dies bedeutet, dass der Kampf der Frauen in Deutschland und weltweit noch lange nicht vorbei ist.
Nach den Vorträgen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, mit den Referentinnen ins Gespräch zu kommen und gemeinsam zu Abend zu essen. Dabei wurde unter anderem diskutiert, was es aus feministischer Sicht im Jahr 2024 zu tun gibt. Julie Kandema sagt: „Wir brauchen mehr Frauen und Männer, deren Einstellung sich geändert hat, um das Bewusstsein für die Stärkung der Frauen zu schärfen. Wir brauchen ein richtiges Verständnis für die Rechte der Frauen in der Gesellschaft und eine gemeinsame Führung von Frauen und Männern.“
Und Oinike Harefa fügt hinzu: „Was wir jetzt brauchen, ist nicht nur eine positive Männlichkeit. Wir brauchen auch eine positive Weiblichkeit, und die muss in Führungspositionen gewürdigt werden! Wir brauchen Nachhaltigkeit, um das zu bewahren, was wir in der Vergangenheit erreicht haben, und um die Möglichkeiten für Geschlechtergerechtigkeit in der Zukunft offen zu halten. Wir brauchen nicht nur eine Frau in einer Führungsposition. Wir brauchen viele Frauen in vielen Führungspositionen, kontinuierlich und über längere Zeit hinweg: Das ist Nachhaltigkeit!“
*EPR = Eglise Presbytérienne au Rwanda (Presbyterianische Kirche in Rwanda)
*BNKP = Banua Niha Keriso Protestan (Christlich-Protestantische Kirche auf Nias)
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