29.03.2016
„Ich hätte mehr dicke Klamotten mit nach Deutschland genommen“, antwortet Agape S. Aligawesa aus Tansania auf die Frage, welchen Tipp sie zukünftigen Freiwilligen in Deutschland geben würde. „Ja“, stimmt ihr Esaie Iragi Byumanine aus der Demokratischen Republik Kongo zu, „und mehr Jeans. Ich habe viele Anzughosen mitgebracht, aber die trägt man in Deutschland gar nicht so oft.“ Ein Jahr verbrachten Agape S. Aligawesa und Esaie Iragi Byumanine sowie sechs weitere junge Erwachsene aus den verschiedenen Mitgliedskirchen der VEM in Deutschland. Im Rahmen des Weltwärts-Programmes haben sie einen Bundesfreiwilligendienst in unterschiedlichen Institutionen absolviert. Nun ist ihre Zeit in Deutschland fast vorbei und alle kommen für ein Abschlussseminar im Internationalen Tagungshaus Auf dem Heiligen Berg in Wuppertal zusammen. Die Gruppe ist zusammengewachsen, in diesem Jahr. Trotz der verschiedensten Hintergründe gibt es eine innere Dynamik, die die acht Frauen und Männer trägt. Viel haben sie erlebt, individuell und auch gemeinsam. Und nun ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Aber fünf Tage bleiben ja noch. Fünf Tage, in denen zweieinhalb Tage dem Rückblick dienen auf das, was war - und zweieinhalb Tage dem Ausblick, der Blick auf das gerichtet wird, was jetzt kommt.
Rückblick gibt es auf vieles: Die Zeit, die manchmal schwer (so werden Traurigkeit, Heimweh und Probleme mit der Sprache thematisiert), manchmal schön und leicht war (ein oft genanntes Highlight ist neben den gemeinsamen Seminaren auch das aktive Mitwirken beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart im Juni 2015). Aber auch die Dinge, die weniger offensichtliche Änderungen hervorgerufen haben, kommen zur Sprache: Was für Kompetenzen habe ich erlangt? Was sind meine Stärken und Fähigkeiten? Was konnte ich schon vor meinem Freiwilligendienst in Deutschland gut und welche Spuren habe ich in Deutschland hinterlassen? Was habe ich gelernt? Was möchte ich auf jeden Fall zu Hause, in meiner Kirche, in meiner Gesellschaft einbringen und umsetzen? Wie schätzen mich meine Mitfreiwilligen ein? - Gemeinsam wird sich gestärkt und ermutigt. Am Mittwochvormittag dann schließt die Zeit des Rückblicks mit der feierlichen Vergabe von Zeugnissen und Urkunden ab. Und dann heißt es: Ausblick wagen. Die meisten Süd-Nord Freiwilligen haben – im Gegensatz zu den Nord-Süd Freiwilligen – schon einen Studienabschluss in ihren Heimatländern gemacht. Sie stehen nun also vor der Frage, wie es weitergeht: Das Studium wieder aufnehmen? Vielleicht einen Masterstudiengang anschließen? Woher das Geld nehmen? Arbeiten? Umorientieren? Und wohin? Wie viel Zeit kann ich in mein Engagement stecken? Es gilt, die Promotion anzudenken; bei zwei Freiwilligen steht die eigene Hochzeit vor der Tür, die es vorzubereiten gilt. Um die ersten Wochen und Monate in der Heimat sicher und voller Tatendrang angehen zu können, nutzen wir die Methode der „Zukunftswerkstatt“. Diese hilft, die eigene Zukunft in Angriff zu nehmen und ganz konkret die ersten Wochen und Monate zu planen. Schritt für Schritt. Mit jedem Ende beginnt auch ein Neuanfang. Und so stehen die Freiwilligen da, segnen sich gegenseitig und fallen sich schluchzend in die Arme. Die Gruppe wird wohl so nie wieder zusammenkommen. Ridho Simamora aus Indonesien fasst die Stimmung zusammen: „Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Bald sind wir wieder bei unseren Familien. Aber gleichzeitig werde ich euch und Deutschland und die Vereinte Evangelische Mission auch sehr vermissen.“ Die anderen Freiwilligen nicken. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Lisa Bergmann absolviert gegenwärtig ein Praktikum in der Abteilung Training+Empowerment im Bereich des Freiwilligenprogramms.