01.10.2024
„Wir waren wirklich erstaunt, zu sehen, dass ein Land, das noch vor 40 Jahren definitiv ein sich entwickelndes Land war, inzwischen die zweitgrößte Volkswirtschaft ist“, sagt Bischof Dr. Abednego Keshomshahara. Er ist Moderator der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) und Bischof der ELCT-NWD* in Tansania: „Das sehen wir hier ja durch eine ganze Reihe von Infrastrukturen, seien das öffentliche Gebäude, Häuser, Straßen, soziale Dienste, Sauberkeit und das alles. Es ist wirklich ermutigend, zu sehen, dass das möglich ist, auch für sich entwickelnde Länder: wenn sie sich anstrengen, können sie vorankommen, wie andere Länder auch.“
18 Teilnehmende aus Botswana, Südafrika, Tansania, Kamerun, Indonesien, Sri Lanka und Deutschland kamen vom 19. – 29. September auf Einladung der Amity Foundation in das Reich der Mitte, genau genommen in die Millionenmetropolen Schanghai, Nanjing und Peking. Das Leadership Training ist ein Begegnungsprogramm für Kirchenleitende der VEM-Mitglieder in allen drei Regionen und steht in diesem Jahr unter der Leitung von Pfarrerin Félicité Ngnintedem, Leiterin Division Global Programs I. Auf der Agenda standen der Besuch der protestantischen Kirche „China Christian Council“ (CCC), zweier theologischer Hochschulen vor Ort sowie der Amity Foundation, die eine langjährige Kooperationspartnerin der VEM ist.
Kirche im chinesischen Kontext
Zunächst gaben die Vertreter*innen der christlichen Gemeinschaft in China einen Einblick in das protestantische Leben in der chinesischen Volksrepublik, die derzeit 1,4 Milliarden Einwohner*innen zählt. Der chinesische Staat erlaubt die Ausübung des christlichen Glaubens innerhalb der eigenen Kultstätten. Christliche Symbole wie Kreuze oder pastorale Kleidung dürfen in der Öffentlichkeit jedoch nicht gezeigt oder getragen werden. Gefragt nach den aktuellen Herausforderungen der protestantischen Gemeinschaft, erklärte die Vizepräsidentin und Generalsekretärin des CCC, Pfarrerin Lian Manhong, dass die chinesische Kontextualisierung der Kirche beispielsweise mit dem Komponieren eigener Lieder, dem Einsatz chinesischer Musikinstrumente sowie mit der Entwicklung eigener Liturgien und dem Bau chinesischer Kirchen, aber auch mit der kritischen Betrachtung der westlichen Dialektik derzeit im Fokus einer neuen postkolonialen Perspektive auf das ursprünglich nordamerikanisch geprägte Christentum in China steht. Darüber hinaus stünden für die 38 Millionen Christ*innen in den rund 16.000 Gemeinden im Lande nur 4.500 Pfarrer*innen zur Verfügung. Die Ausbildung von theologischen Nachwuchskräften gehöre damit zu der größten Herausforderung des CCC.
Bibeln drucken: für die ganze Welt
Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch der in Nanjing ansässigen Amity Foundation, die 1985 von dem evangelischen Bischof, K.H. Ting mit zwei Zielsetzungen gegründet wurde, nämlich die chinesische Bibel zu verbreiten und die Menschen aus Armut und Not zu befreien. Heute hat sich daraus mit „Amity Printing“ die weltgrößte Bibeldruckerei und eine Nichtregierungsorganisation (NGO) mit landesweiter Vorbildfunktion entwickelt. Die 1986 gegründete Druckerei hat mittlerweile einen Output von insgesamt über 260 Millionen Bibeln erreicht, die heute in alle Welt exportiert werden. Rund 70% aller Bibelausgaben in Afrika stammen dabei aus den chinesischen Druckmaschinen von Amity Printing. Eine weitere hochmoderne Druckerei ist derzeit in Addis Abeba (Äthiopien) im Bau.
Dr. Paul Ulrich Munthe, Leiter der VEM-Mitgliedskirche GKPS* in Indonesien, ist der globale Aspekt dieser Arbeit im Gedächtnis geblieben: „Bei diesem Besuch habe ich viel darüber gelernt, wie das Volk Gottes seinen Ruf dadurch weiterführt, dort etwas zu tun, wo es lebt: Sie helfen ja hier nicht nur dem chinesischen Volk, sondern allen Völkern auf der ganzen Erde, an Bibeln zu kommen, die hier gedruckt werden.“
Daneben umfasst die diakonische Arbeit der Amity Foundation beispielsweise die Arbeit mit Älteren in speziellen Zentren und Tagespflegeeinrichtungen, die sich vorwiegend in Wohngebieten befinden. Hier werden ältere Menschen je nach Vorliebe zur Handarbeit, zum Tanzen oder Singen angeleitet. Aber auch die Gesundheitsvorsorge sowie altersgerechte Fitness- und Duscheinrichtungen werden angeboten. Darüber hinaus wird die tägliche Essensversorgung in einer eigenen Kantine sichergestellt. Ein weiterer Schwerpunkt der Amity-Stiftung ist die Arbeit mit psychisch kranken Menschen. So kommen beispielsweise Jugendliche mit einer Autismusspektrum-Erkrankung in der Amity-Bäckerei entsprechend ihren Fähigkeiten zum Einsatz. Die Amity Foundation dient damit als Rollenmodell für andere NGOs, die ähnlich wie in Deutschland diakonische Aufgaben übernehmen und mit Regierungsstellen partnerschaftlich zusammenarbeiten.
Wachsende Kirchen machen Mut
Die Teilnehmenden zeigten sich beeindruckt von der Professionalität der Arbeit der Amity Foundation und der evangelischen Kirche in China, die sich beide zu 100% aus Spendengeldern finanzieren. Darüber hinaus konnten sich die Teilnehmenden des Leadership Training in den drei chinesischen Metropolen ein eigenes Bild von der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung des Landes machen, die durch den hohen Lebensstandard, hohen Digitalisierungsgrad, den vorwiegend elektromobilen Autoverkehr und eine gut funktionierende hochtechnisierte Verkehrsinfrastruktur sichtbar wurde.
Henning Boecker, Mitglied der Leitung in der VEM-Mitgliedskirche EKiR* aus Deutschland, bleibt vor allem die Vielzahl der Erfahrungen in Erinnerung: „Es ist so, dass wir unglaubliche Erfahrungen in China gemacht haben. Ich habe sehr viel mehr über dieses Land gelernt, als ich glaubte.“ Und VEM-Moderator Keshomshahara fasst zusammen: „Ich bin sehr glücklich, dass die Christenheit in China sehr schnell wächst, allen historischen Herausforderungen zum Trotz, die es ja durchaus gegeben hat: trotzdem wächst diese Kirche wirklich schnell. Vor 1980 war es ja nicht erlaubt, in die Kirche zu gehen, aber seit 1985 sind Kirchen eröffnet worden und die Menschen sind frei, zu beten. Das ist wirklich ermutigend und erfrischend, wie gut das Wort Gottes hier in China wächst.“
*ELCT/NWD = Evangelical Lutheran Church in Tanzania, North Western Diocese (Nordwest-Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania)
*GKPS = Gereja Kristen Protestan Simalungun (Christlich-Protestantische Kirche der Simalungun)
*EKiR = Evangelische Kirche im Rheinland
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