23.09.2014
Mancher Kurzbesuch ist intensiver und abwechslungsreicher als eine mehrwöchige Reise. Genau das erlebte VEM-Generalsekretär Dr. Fidon Mwombeki kürzlich bei seiner Stippvisite vom 28. August bis 3. September in Hongkong und China. Es war das erste Mal, dass ein VEM-Generalsekretär die Amity Foundation (AF) in Nanjing besuchte, eine langjährige Partnerorganisation der VEM in China.
Erste Vorbereitungen für die Reise wurden schon während Mwombekis Heimaturlaub im Juli und August getroffen: die Beantragung eines Visums für China, die wegen der guten Beziehungen zwischen beiden Ländern von Tansania aus einfacher sein sollte als von Deutschland. Eigentlich. Da der Einladungsbrief der Amity Foundation jedoch nicht exakt den tansanischen Vorschriften entsprach, brauchte es einige Anstrengungen im Hintergrund zwischen Wuppertal, Nanjing und Daressalam, um das Visum doch noch termingerecht zu bekommen.
Abreise mit Ethiopian Airlines war schließlich am 26. August, von Addis Abeba sogar mit dem vielgepriesenen Dreamliner, der neuen Boing 787. Ein Flugtraum mit Einschränkungen: neben Mwombekis Sitz tropfte Wasser aus der Klimaanlage. Später dehnte sich die Umsteigezeit in Hongkong wegen Wetter und dichtem Flugverkehr auf zähe acht Stunden aus – Reisen bleibt auch im Digitalzeitalter ein spannendes Unternehmen. Ankunft in der chinesischen Millionenstadt Nanjing war schließlich weit nach Mitternacht.
Sonntags 9.000 Menschen im Gottesdienst„Die Nacht war kurz, aber am nächsten Tag wartete ein ausgezeichnetes Programm auf mich“, berichtet Mwombeki nach seiner Rückkehr in Wuppertal. Den Anfang bildete ein erstes kurzes Treffen mit AF-Generalsekretär Qui Zhonghui, begleitet von dessen Personal Assistant Vivian Zhenwei, die auch die folgenden Begegnungen vorbereitet hatte. Beginnend mit einem Besuch in der Bibeldruckerei und einem Treffen mit dessen Leiter Luke Liu. „Die Druckerei ist beeindruckend, sehr effektiv und mit modernster Technik ausgestattet“, so der Eindruck Mwombekis.
Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld der Amity Foundation und ihrer umfangreichen sozial-diakonischen Arbeit ist die Sorge für ältere Menschen. Deshalb stand auch der Besuch in einem Seniorenheim auf dem Programm des Generalsekretärs: „Dabei ist mir bewusst geworden, wie wichtig Angebote für ältere Menschen in der diakonischen Arbeit sind, sowohl in China als auch in Hongkong.“ Hinzu kommt, dass es ein lebhaftes Gemeindewachstum (Church Growth) in China gibt, von dem Pfarrerin Kou Weiwei berichtete. In ihre Gottesdienste kommen jeden Sonntag durchschnittlich 9.000 Besucherinnen und Besucher!
Bei Gesprächen am folgenden Tag mit den leitenden Hauptamtlichen der Amity Foundation ging es um eine weitere Intensivierung der Beziehungen zwischen VEM und AF. Vieles davon ist mit den Verantwortlichen der einzelnen Abteilungen (Asien, Menschenrechte) bereits im letzten Jahr diskutiert worden. „Wir sollten grundsätzlich die Kooperation weiterhin stärken, denn die Amity Foundation ist eine stabile und zuverlässige Organisation“, unterstreicht Fidon Mwombeki.
Auch eine formale Mitgliedschaft hält er für nachdenkenswert, ähnlich der v. Bodelschwingschen Stiftungen Bethel, die ebenfalls keine Kirche sind. „Ich halte das für keine schlechte Idee, auch wenn es eher eine Zukunftsidee wäre, aber darüber müssen letztlich die VEM-Gremien entscheiden“, meint Mwombeki. Bei der Amity Foundation gebe es ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür, viel erhalten zu haben, jetzt wolle man etwas zurückgeben, sich international engagieren und nicht nur Empfänger sein. „Es ist eine starke Organisation in einer wachsenden Kirche und einem wachsenden Land.“
Doppeljubiläum in HongkongDer Hongkong-Besuch wurde maßgeblich vorbereitet von einem ehemaligen Stipendiaten in Bielefeld: Frederick Wong. Er gehörte zur ersten Studiengruppe, die 2013 das neue internationale Magisterstudium Diakonie-Management in Bethel absolvierte. Heute ist er die rechte Hand des Generalsekretärs der Chinese Rhenisch Church (CRC) in Hongkong, und verantwortlich für alle Themen, die mit der VEM zu tun haben. „Er hat mich sehr beeindruckt, als profilierter Organisator und Vermittler, sehr professionell, aber immer bescheiden“, beschreibt Mwombeki seinen Begleiter.
Zu den Terminen gehörte ein Abendessen mit der CRC-Leitung: dem Vorsitzenden K.Y. Mak, dem stellvertretenden Vorsitzenden K. K. Chan sowie dem Generalsekretär Leon Chau. Ein abendlicher Besuch im Audimax der Baptistischen Universität ermöglichte einen Blick in die missionarische Arbeit, die Mwombeki als „sehr beeindruckend“ beschreibt. Kurz zuvor hatten hier rund 1.400 zumeist junge Leute an einer evangelistischen Veranstaltung teilgenommen, zu der auch ein Ruf nach vorne zur Bekehrung gehörte.
Höhepunkt des Besuchs war ein Doppeljubiläum am 31. August: die Gedenkfeier zur Entstehung des ersten Kirchengebäudes der Rheinischen Missionsgesellschaft (RMG) in Hongkong vor 100 Jahren und das Jubiläum zum Beginn der Sozialarbeit in der CRC vor 50 Jahren. Dazu fand morgens ein erster großer Festgottesdienst statt, gefolgt von einem weiteren Gottesdienst am Nachmittag in Kowloon, wo die Gemeinde ihre Kirche gerade ausbaut und erweitert. „Die Kosten belaufen sich auf 220 Millionen Hongkong-Dollar, davon haben sie schon 80 Prozent aufgebracht“, erzählt Mwombeki. „All das nachdem sie vor kurzem erst die Erweiterung eines Bereichs für die Ausbildung in einem vierstöckiges Gebäude fertig gestellt haben.“
Die große Jubiläumsveranstaltung schließlich fand abends in einer Halle mit 1000 Menschen statt. Die einzigen ökumenischen Gäste waren neben dem VEM-Generalsekretär die rheinische Oberkirchenrätin und VEM-Vizemoderatorin Barbara Rudolph und Julia Besten, Geschäftsführerin der Archiv- und Museumsstiftung der VEM. Fidon Mwombeki und Barbara Rudolph hatten Gelegenheit für ein fünfminütiges Grußwort. Mwombeki ermutigte die CRC, die Arbeit Gottes in Hongkong weiterzuführen, aber das Augenmerk auch auf andere Regionen außerhalb von China und Asien zu legen. „Die VEM ist euer Transportmittel dafür“, sagte er und erinnerte an die ersten rheinischen Missionare, die vor 170 Jahren nach Hongkong gekommen waren. Sie seien ohne Sicherheiten oder Rückflugtickets gekommen. „Das einzige, was sie hatten, war die Berufung ihres Herzens, ihre Liebe zu den Menschen und die Leidenschaft für Christus.“
Der letzte Tag des Besuchs vermittelte einen Eindruck von der großen Armut und den sehr bescheidenen Verhältnissen, in denen viele Menschen in Hongkong leben, selbst wenn sie Arbeit haben. So hat die CRC etwa in den entsprechenden Wohngebieten Zentren für Kinder und Jugendliche und andere soziale Angebote. „Mehr als 60 Prozent der Menschen leben unter erbärmlichen Bedingungen, mit Niedriglöhnen und in völlig überfüllten Unterkünften“, beschreibt Mwombeki die Situation vor Ort, es gebe einen scharfen Kontrast zwischen Arm und Reich in der Stadt.
Beim monatlichen Mitarbeitertreffen der CRC wies er abschließend auf die Vision der VEM hin, der zufolge jeder nach seinen Möglichkeiten gibt und nach seinen Bedürfnissen erhält. Einige Verlegenheit löste die Information aus, dass die asiatischen Kirchen einschließlich der CRC nur 0,47 Prozent des VEM-Haushalts einbringen. „Ich habe trotzdem für die wachsende Unterstützung der United Action – Kampagne gedankt“, schließt Mwombeki seinen Reisebericht. „Aber ich habe sie auch aufgefordert mehr zu tun.“