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13.05.2025

Zwei VEM-Generalsekretäre aus dem Globalen Süden im Dialog

Am 6. Mai besuchte Dr. Fidon Mwombeki das Wuppertaler Missionshaus – ein Ort, der für ihn von besonderer Bedeutung ist. Von 2006 bis 2015 war der tansanische Theologe Generalsekretär der VEM, als erster Amtsinhaber aus dem Globalen Süden. In seinem früheren Büro trifft er heute auf seinen aktuellen Nachfolger: Dr. Andar Parlindungan aus Indonesien. Seit März 2024 leitet er die internationale kirchliche Gemeinschaft.

Dr. Mwombeki ist seit 2018 Generalsekretär der All Africa Conference of Churches (AACC), dem größten kirchlichen Zusammenschluss Afrikas mit Sitz in Nairobi, Kenia.

In einem gemeinsamen Interview sprechen die beiden Theologen aus dem Globalen Süden über ihre Erfahrungen, Perspektiven und die besonderen Herausforderungen, denen sich internationale Führungskräfte im deutschen kirchlichen Kontext stellen. Das Interview führte Martina Pauly, Pressesprecherin der VEM.

Sind die deutschen Kirchen heute bereit, Führungskräfte aus dem Globalen Süden einzustellen?

Mwombeki: „Es ist jetzt zehn Jahre her, dass ich Deutschland verlassen habe. Deshalb weiß ich nicht ganz genau, wie es heute hier läuft. Aber wenn wirklich gute Führungskräfte aus dem Globalen Süden eine Gelegeneheit bekommen könnten, kommt es darauf an, ob die Organisation strukturell und von ihrer Grundeinstellung her dafür bereit ist. Das kann jede Organisation für sich selbst bestimmen.

Parlindungan: Theoretisch ja, aber tatsächlich nein, weil so viele Hürden hier von den Kirchen aufgebaut werden. Die Leute aus dem Globalen Süden werden wahrscheinlich große Schwierigkeiten haben, um die Voraussetzungen zu erfüllen. Die Anforderungen sind oft an deutsche Standards angepasst und berücksichtigen zu wenig internationale Perspektiven. Deshalb muss bei den Themen Struktur und Kapazität eine Offenheit herrschen. Sie dürfen nicht aus deutscher Perspektive gedacht werden.

Wie könnte Ihrer Meinung nach die Situation verbessert werden, um mehr internationale Führungskräfte für die deutschen Kirchen zu gewinnen?

Mwombeki: Ich denke, es kommt darauf an, inwiefern die Kirchen in Deutschland wirklich für das ökumenische Zusammenlernen und -leben bereit sind. Ich sehe, die Kirchen haben momentan viele Probleme mit sich selbst und auch mit Blick auf die Leitung, jetzt nochmals einen neuen Aspekt wie Interkulturalität einzubringen, könnte für die deutschen Kirchen schwierig werden.

Eine andere Sache, die ich momentan für ganz wichtig halte, ist, dass die Kirchen gegen den aktuellen Trend angehen müssen, der derzeit weltweit zu beobachten ist. Denn wir sehen, dass heute jede Kirche, jedes Land beginnt, nach innen zu schauen. Ich bin mir nicht so sicher, welche Auswirkungen Donald Trump auf die Welt haben wird. Aber er macht die Exklusivität des nach innen gerichteten Blicks zu einem akzeptablen und erstrebenswerten Ziel, was völlig im Gegensatz zu den Zielen der letzten Jahre steht, nämlich der Globalisierung und Offenheit gegenüber der Welt. Wenn man sich aber die aktuellen Wahltrends in Europa ansieht, stellt sich die Frage: Ist die Globalisierung immer noch ein Ziel, auf das wir hinarbeiten sollten? Ich denke ja, weil es keinen anderen Weg gibt. Wir können nur gemeinsam überleben. Aber diese Tendenz, dass jedes Land nur auf sich selbst schaut, die Schweden für Schweden, die Deutschen für Deutschland und der Zulauf zu rechten Parteien in Europa. Wie kommt es, dass in Deutschland die AfD in den heutigen Umfragen gleichauf mit der CDU und weit vor den Sozialdemokraten liegt? Das zeigt den aktuellen Zeitgeist, gegen den wir wirklich ankämpfen müssen, sonst wird er auch in die Kirche Einzug halten. Es sind dieselben Menschen, denn die Kirchen sind Teil dieser Gesellschaft. Es ist dieser Zeitgeist, der mir Sorgen macht. Wenn das so weitergeht, wird sich dieser Trend irgendwann auch in der Kirche widerspiegeln.

Parlindungan: Schauen wir uns den letzten Kirchentag an: „mutig, stark, beherzt“ – das sollte auch das Credo der Landeskirchen sein. Wir befinden uns jetzt in einer schwierigen Phase, weil die aktuelle politische Meinung nach rechts driftet und hier wir erleben auch einen christlichen Nationalismus. Kirchen brauchen heute mehr denn je globale Strukturen und Leitungen, um glaubwürdig gegen Ausgrenzung und Rassismus Stellung zu beziehen Das wäre eine strukturelle Opposition gegen dieses Phänomen, sonst reden wir nur.

Würde sich dies unter dem Eindruck eines afrikanischen oder asiatischen Papstes in den evangelischen Kirchen in Deutschland ändern?

Mwombeki: Vielleicht, aber ich denke, die katholische Kirche ist ganz anders strukturiert. Sie ist eine echte Weltkirche. Unsere protestantischen Kirchen sind sehr regional geprägt. Das ist in Deutschland so, aber in anderen Ländern wie beispielsweise Tansania noch viel ausgeprägter. Nur die katholische Kirche hat diese Globalität. Alle anderen Kirchen haben einen sehr parochialen und regionalen Charakter. Und da sind die protestantischen Kirchen in Deutschland schon viel weiter als beispielsweise die ELCT in Tansania. In Deutschland ist es möglich, Kirchenleiter zu werden, wenn man aus einer anderen Landeskirche kommt. In Tansania ist das nicht möglich. Generell gesehen, geht es vor allem um die regionale Identität der Kirche als Rheinische Kirche oder als Kirche von Kurhessen-Waldeck. Deshalb arbeiten wir auf internationaler Ebene mit Organisationen wie dem ÖRK zusammen. Die katholische Kirche ist schon seit langem internationalisiert. Und dennoch, die einflussreichsten Positionen werden auch hier oftmals nicht mit afrikanischen oder asiatischen Theologen besetzt.

Ich glaube übrigens nicht, dass es so schnell einen Papst geben wird, der aus dem Globalen Süden kommt, dafür ist das Konklave zu europäisch geprägt. Wenn es dazu kommen sollte, wäre das positiv und schön. Denn es ist eine Tatsache, dass die Mehrheit der Christen im Globalen Süden lebt. Aber selbst in diesem Fall hätte dies keine großen Auswirkungen auf die protestantischen Kirchen, da sie eben diesen vornehmlich regionalen Charakter haben.

Außerdem bin ich mir nicht so sicher, ob eine Internationalisierung für andere Organisationen so einfach ist, denn es braucht viel Zeit und neben der internationalen Struktur braucht man auch die Menschen, die diesen Prozess leiten, wie zum Beispiel Peter Sandner für die VEM.

Parlindungan: Ja, Peter Sandner war der Architekt der Internationalisierung der VEM. Und es ist ein sehr langer Prozess. Die Strukturen und Traditionen in Deutschland sind zu alt und zu stark, als dass man nur einzelne Person aus dem Globalen Süden einstellen könnte, um als international zu gelten. So funktioniert das nicht. Die Strukturen und die Rechtsgrundlagen müssen internationalisiert sein und es muss eine Vielzahl von Berufungen aus dem Globalen Süden geben, um mehr Selbstvertrauen in eine internationale Leitung zu entwickeln. Solange aber internationale Führungskräfte im kirchlichen Kontext in Deutschland die Ausnahme sind, bleiben sie angreifbar für Rassismus und Vorurteile.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

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